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Gerichtskosten für die Entlassung eines Testamentsvollstreckers

Ein Erbe hate beim Nachlassgericht die Entlassung des vom Erblasser eingesetzten Testamentsvollstreckers beantragt, § 2227 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Die Testamentsvollstreckung war zwar schon weit gediehen, aber der Erbe zog trotzdem vor Gericht. Nachdem der Erbe  am Ende seinen auf Entlassung gerichteten Antrag zurückgenommen hatte, legte ihm das Nachlassgericht  die Kosten für das Verfahren auf und stellte den Geschäftswert mit einem Betrag in Höhe von 10% des Bruttonachlasswertes fest.

 

  • Gericht: OLG Düsseldorf

  • Datum: 30. Oktober 2012

  • Aktenzeichen: I-3 Wx 198/12

  • Typ: Beschluss

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1.

Im Juli 2011 hat die Beteiligte zu 1. beantragt, den Beteiligten zu 2. als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der im hiesigen Beschlusseingang bezeichneten Erblasserin zu entlassen. Nach umfangreichen schriftsätzlichen Ausführungen der Beteiligten und Durchführung eines Termins vor dem Nachlassgericht hat die Beteiligte zu 1. ihren Antrag im Februar 2012 zurückgenommen. Daraufhin hat das Nachlassgericht ihr durch Beschluss vom 8. Juni 2012 unter Bezugnahme auf § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Geschäftswert auf 369.740 €, nämlich 10 % des Bruttonachlasses, festgesetzt.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrem Rechtsmittel, mit dem sie geltend macht, der Wert sei auf 3.000 € zu bemessen; jedenfalls müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zur Zeit des Entlassungsverfahrens die Testamentsvollstreckung bereits weitgehend abgewickelt gewesen sei. Der Beteiligte zu 2. tritt dem entgegen.

Das Nachlassgericht hat mit weiterem Beschluss vom 21. August 2012 dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte Bezug genommen.

 

2.

Das gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 KostO als Beschwerde statthafte und auch im übrigen (§ 31 Abs. 3 Satz 1 und 3 KostO) zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. bleibt in der Sache ohne Erfolg. Im Ergebnis ist die Festsetzung des Geschäftswertes für den ersten Rechtszug auf die Gebührenstufe von 360.000 € bis 370.000 € nicht zu beanstanden.

 

Gemäß § 113 Satz 2 KostO bestimmt sich der Wert für ein Verfahren zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers vor dem Nachlassgericht nach § 30 Abs. 2 KostO. Danach ist der Wert in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung regelmäßig auf 3.000 € anzunehmen (§ 30 Abs. 2 Satz 1 KostO), kann jedoch nach Lage des Falles niedriger oder höher - bis zu 500.000 € - angenommen werden, § 30 Abs. 2 Satz 2 KostO. In Verbindung mit den weiteren Regelungen in § 30 Abs. 1 KostO ergibt sich, dass bei einer Wertfestsetzung zunächst zu ermitteln ist, ob sich der Wert aus den Vorschriften der Kostenordnung ergibt oder in anderer Weise definitiv feststeht, verneinendenfalls hat eine Schätzung zu erfolgen, und lediglich beim Fehlen geeigneter Schätzungsgrundlagen ist auf § 30 Abs. 2 KostO zurückzugreifen. Hier aber ist eine Schätzung auf tragfähigen Grundlagen möglich.

 

Wird die Entlassung eines Testamentsvollstreckers durch einen Erben oder Miterben betrieben, ist nach diesen Grundsätzen das Interesse des Antragstellers an der Entlassung zu bestimmen. Hierbei kann im allgemeinen durchaus auf den Wert des Nachlasses, regelmäßig jedoch des sogenannten Rein- oder Nettonachlasses, abgestellt werden; dies wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung für die Wertfestsetzung im Beschwerdeverfahren vertreten (BayObLG FamRZ 2004, S. 1304 f.; OLG München FamRZ 2009, S. 1436), in welchem gemäß § 131 Abs. 4 KostO der Wert gleichfalls anhand des § 30 KostO zu bestimmen ist. Daraus kann andererseits nicht der Schluss gezogen werden, entscheidend sei im Falle eines antragstellenden Erben oder Miterben stets eine bestimmte prozentuale Quote des reinen Nachlasswertes. Denn bei einer Schätzung gemäß § 30 Abs. 2 KostO sind, wie nicht zuletzt die Fassung dieser Vorschrift zeigt, alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall sind sich die Beteiligten vor dem Nachlassgericht im Kern einig gewesen, dass die Tätigkeit des Beteiligten zu 2. jedenfalls ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach zum deutlich überwiegenden Teil bereits abgeschlossen war; dies hat der Beteiligte zu 2. im Schriftsatz vom 12. August 2011 (S. 18 f) selbst hervorgehoben. Angesichts dessen muss bei lebensnaher Betrachtung davon ausgegangen werden, dass nicht die künftige Auseinandersetzung des Nachlasses und die Beendigung der diesbezüglichen Tätigkeit des Beteiligten zu 2., sondern anderweitige Interessen der Beteiligten zu 1. für ihre Antragstellung ausschlaggebend waren. Der Beteiligte zu 2. hat (im vorbezeichneten Schriftsatz) die Vermutung geäußert, der Beteiligten zu 1. gehe es im Endziel um einen Angriff auf seine Vergütung; hierzu hat sich die Beteiligte zu 1. nicht mehr geäußert. Darüber hinaus lassen die gewechselten Schriftsätze erkennen, dass es der Beteiligten zu 1. darum zu tun war, die Gefahr einer Reduzierung ihres Erbanteils auf den Pflichtteil - aufgrund einer hierauf bezogenen Prüfung und gegebenenfalls weiteren Veranlassung durch den Beteiligten zu 2. - zu minimieren. Ferner standen noch unverteilte Nachlasswerte von mindestens grob 450.000 € an und wäre der Beteiligte zu 2. im Falle eines erfolgreichen Antrages auch von weiteren noch ausstehenden, abschließenden Arbeiten ferngehalten worden. Schließlich kann jedenfalls im Rahmen der hier eröffneten Schätzung vermutet werden, dass die Beteiligte zu 1. auch die Geltendmachung etwaiger Schadenersatzansprüche gegen den Beteiligten zu 2. durch einen erfolgreichen Entlassungsantrag fördern wollte.

 

Nach dem eigenen Vorbringen der Beteiligten zu 1. im Schriftsatz vom 10. Oktober 2011 beläuft sich allein der auf sie entfallende Anteil an der vom Beteiligten zu 2. liquidierten Testamentsvollstreckervergütung auf rund 110.000 €. Nach den Darlegungen des Beteiligten zu 2. im Schriftsatz vom 12. August 2011 (S. 18) kann die Differenz von Erbteil und Pflichtteil mit zumindest rund 800.000 € angenommen werden, wovon für die vorbezeichnete Reduzierungsgefahr ¼ in Ansatz gebracht werden kann. 10 % des unverteilten Mindestwertes sind 45.000 €. Berücksichtigt man zu dem sich hieraus ergebenden Gesamtbetrag von 355.000 € noch die Unterstützung etwaiger Schadenersatzansprüche - wenngleich nur in sehr geringem Umfang -, gelangt man zu der vom Nachlassgericht gewählten Gebührenstufe.

 

3.

Das vorliegende Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet, § 31 Abs. 5 KostO.

Eine weitere Beschwerde ist nicht eröffnet, §§ 31 Abs. 3 Satz 5, 14 Abs. 5 Satz 1 KostO.