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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und des Schenkungssteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Eine freigebige
Zuwendung der M an die Klägerin liegt entgegen der Auffassung des FG nicht vor.
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1. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung jede
freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
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a) Eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv
unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 30. Januar 2013
II R 6/12, BFHE 240, 178). Eine Bereicherung des Empfängers ist gegeben, wenn dieser über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und
rechtlich frei verfügen kann (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 2009 II R 70/06, BFH/NV 2010, 900). Ob eine Bereicherung des Empfängers vorliegt und
welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage (vgl.
BFH-Urteile in BFH/NV 2010, 900, und vom 9. Dezember 2009 II R 22/08, BFHE 228, 165, BStBl II 2010, 363, unter II.1.a aa).
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b) Wird ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung
übertragen und wendet diese den Vermögensgegenstand freigebig einem Dritten zu, ist für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten
darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat (vgl. BFH-Urteil vom
10. März 2005 II R 54/03, BFHE 208, 447, BStBl II 2005, 412; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl.,
§ 7 Rz 68a; Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, 4. Aufl., § 7 Rz 94; Götz in
Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, § 7 Rz 98; Weinmann in Moench/Weinmann, § 7 ErbStG Rz 148b; Gebel in
Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz 237).
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Erhält jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Zuwendung, die er
entsprechend einer bestehenden Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, liegt schenkungssteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des
Zuwendenden an den Dritten vor (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1993 II R 92/91, BFHE 172, 520, BStBl II 1994, 128). Wegen der Verpflichtung zur
Weitergabe besteht keine Bereicherung der Mittelsperson aus dem Vermögen des Zuwendenden; eine Schenkung der Mittelsperson an den Dritten kommt nicht in Betracht
(vgl. BFH-Urteil in BFHE 172, 520, BStBl II 1994, 128).
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Wendet der Bedachte den ihm zugewendeten Gegenstand ohne eine solche
rechtliche Verpflichtung freigebig einem Dritten zu, scheidet die Annahme einer Schenkung des Zuwendenden an den Dritten aus. Vielmehr liegen eine Schenkung des
Zuwendenden an den Bedachten und eine Schenkung des Bedachten an den Dritten vor.
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c) Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann
oder diesen einem Dritten zuwenden muss, ist unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der
Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 208, 447, BStBl II 2005, 412). Die Verpflichtung zur
Weitergabe kann sich aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus den Umständen ergeben (vgl. Piltz, Zeitschrift für Erbrecht und
Vermögensnachfolge -ZEV- 1994, 55). Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten.
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Für die Annahme einer Weitergabeverpflichtung des Bedachten reicht es jedoch
nicht aus, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen
Dritten weiterschenkt (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1962 II 218/59 U, BFHE 74, 554, BStBl III 1962, 206). Wird dagegen im Schenkungsvertrag zwischen
dem Zuwendenden und dem Bedachten die Weiterschenkung an den Dritten vereinbart, kann der Bedachte über den Gegenstand nicht frei verfügen.
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Eine kurze Verweildauer des Geschenks beim Bedachten spricht für sich allein
genommen nicht für eine Weitergabeverpflichtung (vgl. Schuck, a.a.O., § 7 Rz 94; Reymann, ZEV 2006, 55; a.A. Schuhmann, Zeitschrift für die gesamte
erbrechtliche Praxis 2012, 79; Spiegelberger, Festschrift für Spindler 2011, 809, unter II.3.). Aus diesem Grund ist eine Weitergabeverpflichtung des zuerst
Bedachten nicht schon deshalb anzunehmen, weil die Schenkung und die Weiterschenkung in zwei zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden notariellen Urkunden
vereinbart wurden und der zuerst Bedachte den geschenkten Gegenstand vor der sich unmittelbar anschließenden Weiterschenkung nicht tatsächlich als Eigentümer
nutzen konnte. Der zeitlichen Abfolge der Schenkungen kann allerdings im Rahmen der Gesamtwürdigung eine Indizwirkung zukommen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 172, 520,
BStBl II 1994, 128).
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Von einer Weitergabeverpflichtung des zuerst Bedachten kann auszugehen sein,
wenn dieser noch vor Ausführung der freigebigen Zuwendung an ihn den Gegenstand an einen Dritten weiterschenkt. In diesem Fall kann die Dispositionsmöglichkeit des
zuerst Bedachten fehlen. Entscheidend sind jedoch auch hier die Umstände des Einzelfalls. Indiz für eine fehlende Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten kann
insbesondere sein, dass die Schenkung und die Weiterschenkung in einer notariellen Urkunde vereinbart werden. Selbständige Schenkungen verschiedener Personen sind
zwar nicht lediglich deshalb eine einheitliche Schenkung eines Zuwendenden, weil sie in einer Vertragsurkunde zusammengefasst sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 74,
554, BStBl III 1962, 206). Die Zusammenfassung einer Schenkung und einer sich anschließenden Weiterschenkung eines Grundstücks in einer Urkunde führt aber zu einer
zeitgleichen Vereinbarung von Schenkung und Weiterschenkung, so dass der zuerst Bedachte damit regelmäßig keine Entscheidungsfreiheit in Bezug auf das
weitergeschenkte Grundstück erlangen wird. Das gilt nur dann nicht, wenn sich aus dem Vertrag oder den Umständen eindeutig etwas anderes ergibt.
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d) Nach diesen Grundsätzen ist auch zu entscheiden, wer Zuwendender und
Bedachter ist, wenn Eltern ein Grundstück schenkweise auf ein Kind übertragen und das Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen
Miteigentumsanteil an dem Grundstück an seinen Ehegatten weiterschenkt. In solchen Fällen kann, wenn das Kind seinen Eltern gegenüber nicht zur Weiterschenkung
verpflichtet ist, schenkungssteuerrechtlich grundsätzlich nicht von einer Zuwendung der Eltern an das Schwiegerkind ausgegangen werden.
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Eltern haben regelmäßig kein Interesse daran, ihr Vermögen im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Schwiegerkinder zu übertragen; gewollt ist vielmehr die Übertragung des Vermögens auf die eigenen Kinder (vgl. Schuck, a.a.O.,
§ 7 Rz 94; Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Auflage § 7 Rz 127; Gebel, ZEV 2005, 263, 264; Reymann, ZEV 2006, 55;
Spiegelberger, Festschrift für Spindler 2011, 809, unter II.4.). Für eine Zuwendung allein an das eigene Kind sprechen auch besondere Vereinbarungen im
Schenkungsvertrag, die eine Anrechnung der Zuwendung auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch (§§ 2326
f. BGB) des Kindes sowie die Begründung eines Rückübertragungsanspruchs des zuwendenden Elternteils für bestimmte Fälle (wie z.B. das Vorversterben des Kindes)
regeln. Nicht maßgebend ist, dass auch bei einer Zuwendung von Eltern an das Schwiegerkind nach Scheitern der Ehe Rückforderungsansprüche der Eltern nach den
Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und nach Bereicherungsrecht entstehen können (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 3. Februar 2010
XII ZR 189/06, BGHZ 184, 190). Diese Rückforderungsansprüche lassen nicht den Schluss zu, dass Eltern ihr Vermögen zum Teil auf das Schwiegerkind
übertragen wollen.
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Die freigebige Zuwendung von Vermögen an das eigene Kind liegt auch wegen
der damit verbundenen güterrechtlichen Folgen im Interesse der Eltern und des Kindes selbst. Der Wert der Zuwendung wird bei einem Kind, das mit seinem Ehegatten
im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, dem Anfangsvermögen des Kindes hinzugerechnet (§ 1374 Abs. 2 BGB). Damit unterliegt das dem Kind zugewendete
Vermögen im Rahmen des Zugewinnausgleichs nicht der Ausgleichspflicht (vgl. Palandt/ Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aufl., § 1374 Rz 6).
Wenn Eltern erreichen wollen, dass ihr Kind auch im Fall der Ehescheidung von der Schenkung profitiert, müssen sie ihr Kind direkt beschenken (BGH-Urteil in BGHZ
184, 190, unter B.I.2.b cc).
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In Fällen dieser Art kommt es wegen der Anknüpfung an das Zivilrecht und der
durch die Zuwendung der Eltern ausgelösten Rechtsfolgen schenkungssteuerrechtlich nicht darauf an, ob die Beteiligten von vornherein durch abgestimmtes Verhalten
im Wege eines Gesamtplans auf eine Schenkung durch die Eltern an das Kind und eine anschließende Weiterschenkung eines Teils des geschenkten Gegenstands durch das
Kind an seinen Ehegatten hingewirkt haben.
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Von einem Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 der Abgabenordnung kann
insoweit ebenfalls nicht ausgegangen werden. Zum einen sind im Hinblick auf die zivilrechtlichen Rechtsfolgen regelmäßig beachtliche nichtsteuerliche Gründe für
die Gestaltung vorhanden. Zum anderen steht es auch Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst
günstig sind (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 1992 V R 1/91, BFHE 167, 215, BStBl II 1992, 541).
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2. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die
Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Schenkungssteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und daher ebenfalls
aufzuheben. Eine der Schenkungsteuer unterliegende Zuwendung der M an die Klägerin ist nicht gegeben.
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a) Zivilrechtlich liegen zwei Schenkungen zwischen verschiedenen Personen
vor, und zwar eine unentgeltliche Zuwendung von Wohnungseigentum durch die Übergeberin M an ihren Sohn K und eine Zuwendung des hälftigen Wohnungseigentums durch K
an seine Ehefrau, die Klägerin, soweit jeweils der Wert der Zuwendung den Wert der zugunsten der M vereinbarten Gegenleistungen übersteigt. Dagegen fehlt es
zivilrechtlich an einer Zuwendung der M an die Klägerin. Diese Beurteilung ist auch schenkungssteuerrechtlich zugrunde zu legen.
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b) M hat den übertragenen Grundbesitz ausschließlich ihrem Sohn K und nicht
anteilig ihrer Schwiegertochter, der Klägerin, zugewendet. Die Schenkung der M an K war bereits ausgeführt, als K den ihm zugewendeten Grundbesitz zur Hälfte auf
die Klägerin übertragen hat. Eine ausgeführte Grundstücksschenkung setzt -was vorliegend gegeben war- ein wirksames Schenkungsversprechen, die Auflassung und die
Eintragungsbewilligung voraus (vgl. BFH-Urteil vom 23. August 2006 II R 16/06, BFHE 213, 399, BStBl II 2006, 786). Mit Abschluss des Vertrags vom
10. November 2006 (URNr. 1676) hatte M als Schenkerin alles zur Bewirkung der Leistung Erforderliche getan; K konnte jederzeit seine Eintragung als
Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch beantragen und damit den Eintritt der -dinglichen- Rechtsänderung herbeiführen. Für eine ausgeführte Grundstücksschenkung war
nicht erforderlich, dass K den Eintragungsantrag beim Grundbuchamt gestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 27. April 2005 II R 52/02, BFHE 210, 507, BStBl
II 2005, 892).
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c) K hatte nach der Zuwendung des Grundbesitzes durch M eine eigene
Entscheidungsmöglichkeit über die weitere Verwendung des Grundbesitzes. Der zwischen M und K geschlossene Überlassungsvertrag enthielt nach den Feststellungen des
FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) keine Verpflichtung des K zur Weiterübertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils am überlassenen Grundbesitz auf die
Klägerin.
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Die Umstände, die nach Auffassung des FG dafür sprechen sollen, dass K
hinsichtlich des an die Klägerin weitergereichten Grundbesitzes nicht bereichert gewesen und deshalb insoweit eine Zuwendung der M an die Klägerin anzunehmen sei,
rechtfertigen nicht die Annahme, dass K der M gegenüber zu einer Weiterübertragung auf die Klägerin verpflichtet gewesen ist. Der Abschluss der Verträge in einem
Zug in unmittelbar aufeinanderfolgenden Urkunden spricht nicht für eine solche Verpflichtung. Dies gilt selbst für den Fall, dass M im Rahmen einer Vorbesprechung
beim Notar mit der Weitergabe an die Klägerin einverstanden gewesen ist. Das bloße Einverständnis der M mit der Weiterschenkung durch K reicht nicht aus, um eine
Zuwendung der M an die Klägerin annehmen zu können. Ein aufgrund der familiären Verbundenheit vermutetes abgestimmtes Verhalten der Vertragsbeteiligten ist als
solches ebenfalls nicht geeignet, die Schenkungen in schenkungssteuerrechtlicher Hinsicht abweichend von der Zivilrechtslage zu beurteilen. Das FG hat keine Gründe
dafür genannt, warum M ihren Sohn K verpflichtet haben sollte, den aus ihrem Vermögen stammenden Grundbesitz zum Teil auf die Klägerin zu übertragen. Einen Anlass
zur Weiterübertragung hatte allein K aufgrund seiner Ehe mit der Klägerin.
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d) Gegen eine Zuwendung der M an die Klägerin spricht zudem, dass sich K die
Zuwendung der M in voller Höhe auf seinen Pflichtteilsanspruch bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch anrechnen lassen muss. K war zwar zum Zeitpunkt des Abschlusses
des notariell beurkundeten Vertrags vom 10. November 2006 (URNr. 1676) testamentarisch eingesetzter Alleinerbe der M. Dies bedeutet aber nicht, dass die
im Vertrag festgelegte Anrechnung keine Wirkungen entfalten könnte. Denn M steht es frei, die Erbeinsetzung jederzeit zu ändern und K von der Erbfolge nach ihrem
Tod auszuschließen.
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